Ihr Lieben. Was für ein toller Fahrradtag! Endlich wieder Berge, endlich wieder normale Leute, endlich wieder ein fantastischer Campingplatz mit Pool und Ausblick und Strom bis ins Zelt. Und ein neuer Plan, den ich, einmal durchgespielt, nicht wieder verwerfen kann. Aber eins nach dem anderen.
Heute morgen wollte ich bis 8 schlafen. Es ging aber nicht. Ich bin jeden Tag spätestens um 7 wach. Also raus, Morgentoilette, abbauen und Frühstück. Ich kaufe alles im Supermarkt vom Campingplatz und will das Zeugs auch gleich essen. Doch alle Tische sind besetzt. Ich setze mich an den Tisch von Jochen, 72 Jahre jung, aus Lüdenscheid. Schöner Dialekt. Jochen ist ein Randonneur der alten Schule. Seit er in Rente ist, fährt er jedes Jahr mehrere Monate am Stück in alle Himmelsrichtungen. Meist „um die 15000 im Jahr“. Immer von Lüdenscheid aus. Norwegen, Island, Schottland, Ostseeumrundung. Nichts, was Jochen in Europa noch nicht gesehen hat. Er ist so lange auf dem „scheiß Camping hier, weil sie mich beklaut haben. Geldbörse weg, Telefon weg.“ Er wartet seit einer Woche auf Post von seiner Bank und hat nur noch 10 Euro in der Tasche. Sein Ziel ist übrigens Marrakesch. Aber eigentlich wolle er hinschmeißen. Ihr solltet ihn mal über Frankreich reden hören…
Um 9 ging es heute auf die Piste. Immer der Rhone folgend auf der D288. Nach kurzer Strecke wechselte ich mal wieder die Flussseite. Es ging immer entlang einer schmalen Straße, vorbei ein Obstbäumen, Gemüsefeldern und Weinstöcken. Das Wasser hierfür wird über Pumpen und ein Bewässerungssystem auf die Felder gebracht. Es fuhren kaum Autos. In Roquemaure hatte ich schon wieder Hunger und Kaffee gab es bis dahin auch noch nicht. In der örtlichen Patisserie habe ich das nachgeholt und noch Blätterteig mit Fromage gefüllt gegessen und einen Espresso getrunken.
Kurze Zeit später querte ich die Rhone zum letzten Mal. Ich werde sie so schnell nicht wieder sehen. Jetzt wurde es endlich wellig. Rings um Châteauneuf-du-Pape erstreckten sich riesige Weinberge. Ein auf und ab durch eine sehr schöne Landschaft. Hinter jeder Kurve ergab sich ein neuer Blick.
Der Track führte mich immer abseits der großen Hauptstraße, kleinen Landwirtschaftswegen folgend. Bei uns würden die Promilleweg heißen. Beherrschend war hier bereits der Blick auf den Ventoux. Je näher ich herankam, desto mehr Höhenmeter konnte ich hinter mich bringen. In Beaumes-de-Venise konnte ich kurz vor der Siesta noch mein Standardgetränk, Orangina, und einen kleinen salzigen Snack erhaschen. Ab hier gab es zwei Möglichkeiten ans Ziel zu kommen. Einmal die kürzere und weniger Höhenmeter zählende, aber dafür wahrscheinlich viel verkehrsreichere D938 oder die 18 km lange Auffahrt über die D90. Diese war zudem als Panoramastraße ausgeschildert. Die Beine fühlten sich gut an. Also Feuer frei.
Der Anstieg war zunächst schwer, obwohl nur 6 Prozent steil. Nach 2 km merkte ich, dass ich vorne noch auf dem großen Blatt war. Deshalb hatte ich hier einen 170er Puls. Nachdem ich diesen kleinen Fauxpas abgestellt habe, konnte ich den ersten Pass seit 1 Woche erklimmen. Den Col de Suzette. Nach dem Col ging es auf (z. T. 10 % steil) und ab. 13:30 am Camping angekommen, stellte ich fest, dass dieser erst 14 Uhr wieder öffnet. Ich nutzte die Chance für meinen Einkauf und konnte Punkt 14 Uhr einchecken. 14:30 trieb ich im Pool. Es liegen hier nur 10 andere Menschen. Ich liebe die Berge.
Ich werde morgen den Mont Ventoux ohne Gepäck in Angriff nehmen. Auf der anderen Seite geht es dann wieder runter und über Bedoin zurück zum Zeltplatz. Ich habe 2 Nächte gebucht, da ich noch einen Tag Reserve habe. Und den möchte ich nicht liegend, sondern hoffentlich den Berg hinauf fliegend verbringen. Ick freu ma schon wie ein kleines Kind auf morgen. Mal gucken, ob ich vor Aufregung schlafen kann.
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